Christus (Crist)
Vor uns von niemandem
gesehen
sitzt Christus
Traurig
rezitiert die alten Schriften
für niemanden
Er flüstert
ich bin Christus
trage den Schmerz der Welt
blutend von dem neuen Krieg
ich trage das Glück der Welt
im Lächeln des Neugeborenen
trage die Sonne
und die Blumen
der Wunsch zu träumen
ist mein Wunsch
euer ist es zu glauben
oder auch nicht
Ich bin Christus
flüstert Er traurig
in meiner Seele
flüstert die ganze Liebe dieser Welt
durch meine Venen
fließt das Blut der ermordeten
und das der Ungeborenen
durch meine Hände dringen die
Nägel eurer Gleichgültigkeit
Ich bin Christus
aus meinem Herzen
fließen die Bäche des Himmels
wachsen die Rosen der Liebe
in meinem Herzen
wohnt ihr alle
die ihr mich sieht
die ihr mich hört
in meinem Gedicht
wohnt Herrgott
und bindet seine Gedanken
mit all eure Tränen
Ich bin Christus
Du (Tu)
Während du die Halme schütteltest
fielen die reifen Körner in deinem Herz
Danach
sehe ich mich schreitend auf unendliche Hügel mit dir
durch Gräser voller Tau
der Horizont voll der Nacht Feuchte
hellt sich
gerade in dem Augenblick als ein Vogel singt auf
als ob es schlürfen würde jedes Triller unseren Herzen
die Steine des Schweigens hängen an meinen Lippen
ich sehe die Rundung deiner Ferse
wie sich ins Gras vertiefen
deine Hüften die jedes entbehren
den Abhang deiner Brüste
so steil wie meine Ängste
Der Mond lässt sich von Gottes Finger
empor zum Himmel heben
die Häuser nisten sich im Schoß der Dämmerung
nur deine Augen glänzen noch im Abend
das glitzern deiner Seele flammt mich an
wie ein Pfahl voll Zärtlichkeit
das Tal des Dorfes riecht nach frisch getünchte Küche
mit dem Kalk meiner Erlebnisse mit dir
die ich schon vergaß
Liebe (Iubire)
mit verstummten Handflächen von Evas Lächeln
entsage ich mich der Wange des heutigen Tages
zertrete mich
mit rissigen nach Weg sich sehnenden Sohlen
– niemals geschlürft von des Tageslippen vergangener Tage –
wie auf einem vergilbten Fingerblatt des Herbstes
Ich knie im Schoß meiner Mutter
die Erde
neigt sich in deine Augen – Blume von Tau geküsst –
und blinkt dem Tag entgegen
Auf deinen Lippen voll Liebesgeflüster
werde ich Herabregen
Zuhause (Acasă)
Einst
zuhause
in meinem Mutters Dorf
es gab ein Plätzchen wo niemand starb
und das Gras
war so grün wie des Himmels Augen
die Zeit hatte keine Bedeutung mehr
sie maß sich von dem ersten Atem der Schneeglöckchen
und dem Geschmack der Kirschen im Mai
Einst
es hieß Nacht wenn man träumte
und Morgendämmerung wenn der Duft der Trauben schlich
zwischen den Sonnenfinger bis zu dir
Einst
der Himmel war ein Plätzchen wie zuhause
nur die Engel sahen aus wie alle dort
einst
Es war (era)
wie ein Apfelbaum die Liebe
mit dein Gesicht
mit mein Gesicht
wie Kerne deiner Sehnsucht
meine Sehnsucht
wie ein Apfelbaum die Liebe
mit der Schale wie die Spree
von Weiße Träume und von roter Suche
die Kindheit mit alldem
was wir uns gewünscht haben
suchten Zuflucht
in de Apfellieberinde
wie ein Apfelbaum die Liebe
mit dein Gesicht
mit mein Gesicht
mit aus deiner Körperkerne
aus meinem Körper
wie ein Apfelbaum die Liebe
mit der Rinde wie ein Herbsttag
mit einem Körper müder Odaliske
hingelegt im Rost des Augenblicks
aus meinem Körper
aus deinem Körper
in meiner Sehnsucht
in deiner Sehnsucht
wie ein Apfelbaum die Liebe
vergessen
dann als wir uns nie mehr sahen
und tat nicht weh
und tat nicht weh
wie ein Apfelbaum die Liebe –
es war
Heute lügen wir uns an
(Azi ne mințim)
heute lügen wir uns an
dass wir alle Wörter aufbewahren für anders mal
der Tag hat keine Zeit zu enden
wir hören wie der augenblicklich in uns sich öffnet
– Tür nur zum weggehen –
die Augenlider zerbrechen Blicke in Flut von Scherben
heute lügen wir uns an
weil wir die Atemzüge für anderes mal bewahren
wir wissen nicht aus Erinnerungen Burgen bauen
in Sand zerrinnend
du schenktest mir Flügelwörter
zu fliegen über eigenen Ruinen
dir nach
meine Gedanken
messen den Himmel den Tag den Schmerz das Weggehen
deiner Gedanken
bauen unsre Liebe
in trostlose Gemäuer deren Kirche die aufbewahren wird
die Nachtkerzen unserer Liebe
jedoch
sicherlich
heute lügen wir uns an
Mutter
(Mama)
Meine Mutter blieb außerhalb von mir
gleich nach meiner Geburt
gleich als ich zu sehen anfing
die Welt wieder belebte in meine Hände
der Augenblick meiner Geburt setzte sich auf
die Türschwelle in Erwartung soll ich mich entscheiden
ob ich leben oder beißen soll ein einziges Mal
die Brust der Welt
gleich einer Seele
meiner Mutter Hände drangen durch meine Haut
in meinem ersten Traum
über mein schlagendes Herz
Traduceri de Christian W. SCHENK